Mein Digital Detox

Seit längerem habe ich mir vorgenommen, wieder mal Digital Detox zu machen. Das ist gar nicht so einfach, wenn man sich mal an all die schönen Social-Media Plattformen und Apps gewöhnt hat. Da macht es regelmäßig pling am Smartphone und wieder gibt es etwas zu sehen. Entertainment rund um die Uhr.

Egal, wie trivial die Posts auch sind, so geben viele von uns doch für alles ein Like, ein Herzchen oder was auch immer. Ich habe Menschen beobachtet, die scrollen mit einem Daumen im Rekordtempo durch Ihre News-Feeds, während sie mit dem anderen Daumen, gleich einem Maschinengewehr, auf die Like Funktionen drücken. Wie eine Maschine. Echt.

Zum Glück sind nicht alle so. Ich z.B. gebe meine "Likes" auch nur dann, wenn ich einen Beitrag auch gut finde. Bei Fotos ist das ja schnell evaluiert. Bei Videos oder Texten sehe ich mir das ganze erst mal an oder lese es. Ja, ich bin einer von denen, die Textbeiträge in sozialen Medien lesen. Nicht alle, das wäre ja ein Vollzeitjob. Aber wie gesagt, "Likes" gibt es nur, wenn mir der Inhalt auch gefällt. Alles andere wäre ja Quatsch, oder?

It’s All About Fame

Aber mal ganz ehrlich, was bringt uns das ganze Geposte eigentlich? Anerkennung? Bestätigung? Weil wir den Hund beim fressen gepostet haben und dafür 30 Likes erhalten haben? Hm… heißt das, dass wir uns damit täglich auf's Neue die Anerkennung holen, dass wir einen tollen Hund (oder Auto oder was auch immer) haben? Heißt das, dass wir uns besser fühlen, weil wir etwas tolles besitzen, das von anderen mittels Likes gelobt wird und dessen Glanz vielleicht unbewusst auf uns abstrahlt? Kann es sein, dass es uns gefällt, wenn wir in einer immer unpersönlicheren Gesellschaft mehrmals täglich eine Portion Likes bekommen, die uns vielleicht unbewusst sagen: "toll gemacht"?

I’m A Digital Native! Oder?

Ich bin in noch in einer überwiegend analogen Welt aufgewachsen. Dennoch habe ich mich immer als Digital Native gesehen, da ich bereits in den frühen 80ern meine ersten Programme am Heimcomputer meines Vaters programmiert hatte und nahtlos in das digitale Zeitalter hineingewachsen bin. Meine ersten PC's habe ich selbst zusammengebaut, mich stundenlang mit Interrupts und Jumpern gespielt, bis ich die Kiste mal zum laufen gebracht hatte.
Heute wage ich zu behaupten, dass ich die Entwicklung und Evolution des Internets, sowohl als Anwender, als auch als Informatiker, über die Jahre hinweg miterlebt habe. Darüber könnte man jetzt ewig schreiben.

Was ich aber auch erlebt habe, ist die Transformation des Internets von einem Informations- und Kommunikationsmedium, hin zu einem Unterhaltungsmedium. Nie war es so einfach, Inhalte zu erstellen und mit anderen zu teilen. Der Vorteil: jeder kann sich Gehör verschaffen. Der Nachteil dabei: jeder kann sich Gehör verschaffen.

Inhalt, Inhalt, Inhalt...

Das Internet quillt über. Inhalte, Inhalte, Inhalte. Bei der Flut an Neuigkeiten ist es inzwischen für viele bereits unmöglich, den Überblick zu behalten. Und es wird täglich mehr.

Der bekannte Medienwissenschaftler Neil Postman hat einmal geschrieben:

„Problematisch am Fernsehen ist nicht, dass es uns unterhaltsame Themen präsentiert, problematisch ist, dass es jedes Thema als Unterhaltung präsentiert.“

Neil Postman

Das war zu einer Zeit, bevor es das Internet gab. Was hätte er wohl heute geschrieben?
Frei nach ihm wage ich zu behaupten:

„Das Problem ist nicht, dass Sensationen alltäglich werden, sondern dass das Alltägliche zur Sensation wird.“

Das Zeitalter der Anspruchslosigkeit?

Ich habe Angst. Ja, ich gebe zu, dass ich manchmal Angst habe. Angst davor, dass die Trivialitäten in Social-Media immer mehr überhand nehmen. Angst, dass ich mich an diese Inhalte gewöhnen könnte und mein Gehirn in den Dauer-Standby Modus schaltet. Angst, dass ich irgendwann alles glaube, ohne zu hinterfragen, wenn es ich es nur oft genug im Internet lese. Angst, dass ich mich dabei ertappe, stundenlang durch irgendwelche News zu zappen und anschließend zu merken, dass es mir nichts gebracht hat, außer vielleicht müde Augen und einen leeren Kopf.

Aber solange ich das selbst noch erkenne, ist es ja noch nicht zu spät. Man kann ja noch handeln.

Zeit zu handeln

Von Zeit zu Zeit nehme ich mir kleine Social-Media Auszeiten. Sehr effektiv: ein Waldspaziergang mit Smartphone im Flugmodus - oder ganz ohne. 😉
Oder ich nehme mir Auszeiten von bestimmten Apps. Nicht alles auf einmal, wobei das wohl am effektivsten wäre. Aber mal von der einen, dann von der anderen App. Dazu deinstalliere ich die App von meinem Smartphone. Meist wähle ich die Apps, von denen ich merke, dass ich sie zwar viel nutze, aber nicht wirklich im Alltag brauche.

Anfangs ist es vielleicht etwas ungewohnt, da sich ja auch die Kommunikationswege zu Freunden unter Umständen ändern oder erschwert werden. Aber nach ein paar Tagen ist alles normal. Eh klar, früher ging's ja auch. Anstatt meine Freunde mit jeder Trivialität zuzumüllen, überlege ich genau, was ich anderen mitteilen muss. Die Folge: die Kommunikation wird weniger, aber gleichzeitig auch qualitativ hochwertiger.

Übrigens, so manche App kam anschließend nicht mehr auf mein Gerät, weil ich bemerkte, dass ich sie einfach nicht brauche.

Los geht’s! Wann startest Du mit Digital Detox?

Denkst Du auch drüber nach, mal Digital Detox zu machen? Hast Du schon Erfahrungen damit? Hinterlasse mir einen Kommentar unter dem Beitrag.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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